Hunde

Die meisten Mitglieder der Hundefamilie sind so freundlich und zutraulich, daß sie kaum Zugang zu den Schwarzen Künsten oder der Wunderlehre haben. Aber es gibt auch hier durchaus bemerkenswerte Ausnahmen. So lebte bei der stadtbekannten Hexe Ailinn in der Hafenstadt Penzance in Cornwall der Bullterrier Articroak. Er erschien häufig in der Gestalt eines Seehundes und stahl den dort lebenden Fischern einen Teil ihrer Beute. Seine Schuld war bewiesen, als er - in Hundegestalt - eine Vorliebe für gekochte Makrelen zeigte.

Die Griechen und Römer hielten Hunde noch nicht einmal als Opfertiere für würdig. Einige rückständige Völker in Kleinasien benutzten Hunde als Sündenböcke. Am Jahreswechsel luden sie ihnen die Sünden der Gemeinschaft auf und jagten die Hunde in die Wildnis. Doch sie sind für diesen Zweck gar nicht gut geeignet, weil sie meistens den Weg zurück finden und dann die Sünden wieder zu deren eigentlichen Trägern zurückbringen.

Der bekannteste Hund der Unterwelt ist Zerberus. Er hat drei Köpfe und bewacht den Eingang zur Hölle. Man muß ihn mit Honig und Gerstenkeksen besänftigen. Erst dann gestattet er den toten Seelen den Zugang zur Ewigkeit. Doch auch Zerberus kann sanftmütig sein, wie Orpheus bewies, als er ihn mit seiner Lyra bezauberte und die Unterwelt betreten durfte.

Die verschiedenen Jagdhundrassen innerhalb der ganzen Hundefamilie können als äußerst nützliche Rache- und Vergeltungsinstrumente betrachtet werden. Die Hunde des Himmels verfolgen alle armen Sünder, bis sie Bußfertigkeit zeigen. Können sie den Himmelhunden entkommen, so nehmen die Höllenhunde deren Geruch auf und verlassen die Spur nicht, bis sie die Sünder in die Unterwelt hinuntergezogen haben.

Man kann die beiden Hundemeuten leicht unterscheiden. Die Himmelhunde geben einen glockenähnlichen Laut von sich, der in der Seele des Sünders widerhallt. Die Höllenhunde haben glühende Augen und entsetzliche Rachen. Ihr wildes Bellen ist von weither zu hören, doch wird es immer leiser, je näher die Hunde ihrem Opfer kommen.

Die Feen der Schottischen Highlands besitzen einen riesigen Hund, Cusith. Es heißt, er sei groß wie ein Ochse und dunkelgrün. Seine Füße seien so groß wie die eines sterblichen Menschen und der lange Schwanz geflochten wie der Zopf einer Frau. Hören die Bauern sein Gebell über den Mooren, schließen sie ihre Frauen ein; denn Cusith hat den Auftrag, weibliche Menschen einzukreisen und sie auf einen Feenhügel zu bringen, wo sie Milch für die Feenkinder geben müssen.