Sphinx

Von diesem vorwiegend weiblichen Wesen gibt es mehrere Arten. Die griechische Art hat ein weibliches Gesicht und weibliche Brüste, den Körper eines Löwen und die Flügel eines Adlers. Die ägyptische oder Andro-Sphinx ist der griechischen ähnlich, hat aber keine Flügel. Eine ägyptische Unterart, die Crio-Sphinx, hingegen hat einen Widder- oder Falkenkopf.

Die Sphingen des Nahen Ostens sind bekannt für ihre Weisheit, die vielleicht aber nur so erscheint, denn sie zeigen ihr Wissen nur selten und sind ganz zufrieden, wenn sie sich in der Huldigung ihrer Verehrer baden können. Die griechischen Arten zeigen dagegen einen ganz anderen Charakter. Sie sind redselig und aggressiv, wandern ständig umher, und haben als Beutejäger einen besonderen Appetit auf Menschenfleisch. Üblicherweise ziehen sie auf ihren Löwenfüßen durch das Land, aber es gibt auch Sphinx-Flugschneisen zwischen den griechischen Inseln. Ein ausgeprägtes Charaktermerkmal der griechischen Sphingen ist die für Katzen - und Frauen - typische Angewohnheit, erst einmal mit den Opfern zu reden und sie zu beruhigen, bevor sie sie verschlingen.

Von den griechischen Sphingen ist wohl diejenige am bekanntesten, die der Göttin Hera den Auftrag gab, die Bewohner von Theben wegen ihrer Trunksucht zu bestrafen, nachdem Dionysos ihnen den Weingenuß beigebracht hatte. In typischer Sphinxart war sie nicht damit zufrieden, einen unvorsichtigen Thebaner einfach zu verschlingen, sondern sie amüsierte sich erst noch auf seine Kosten, indem sie ihm ein Rätsel aufgab (wir kennen es als Sphinx-Rätsel) und ihm die Freiheit versprach, wenn er es lösen konnte.

Niemand löste das Rätsel, bis Ödipus von Korinth während seines selbstauferlegten Exils Theben erreichte. Die Sphinx sprang aus ihrem Hinterhalt hervor, leckte sich die Lippen beim Anblick des hübschen jungen Mannes und stellte ihm nach einigen Scherzen die Frage: »Was läuft am Morgen auf vier Beinen, mittags auf zwei und am Abend auf drei Beinen?«

Ödipus antwortete: »Nun, der Mensch natürlich. Er kriecht als Baby auf Händen und Knien, geht als Erwachsener aufrecht auf zwei Beinen und stützt sich am Abend seines Lebens auf einen Stock.«

Die Sphinx wurde darüber so wütend, daß sie sich ins Meer stürzte, doch heißt es, daß sie trotz allem doch noch gewonnen hat. Der Statthalter von Theben war so erfreut über das Verschwinden der Sphinx, daß er Ödipus mit der verwitweten Königin, Jokaste, verheiratete und ihn zum König von Theben ausrief. Doch es stellte sich heraus, daß Jokaste die Mutter von Ödipus war. Für dieses Verbrechen wurden sie von den Schicksalsgöttinnen aufs fürchterlichste bestraft.

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