Gnome

Die internationale Familie der Gnome entstand, als sich die Gestalt unseres Globus aus dem Chaos formte, und die Kräfte, die für wertvolle Metalle und Edelsteine verantwortlich sind, verbannte sie unter die Erdoberfläche. Im Gegensatz zu den Menschen lernen Gnome aus der Vergangenheit. Andererseits haben sie aber auch die Gabe, die Zukunft vorauszusagen und daraus zu lernen. Ihr Name stammt von dem griechischen Wort gignoskein, das »lernen, verstehen« bedeutet. Die wichtigste Charaktereigenschaft der Gnome ist denn auch ein genaues Verständnis aller Dinge im Kosmos.

Gnome sind etwa zwölf Zentimeter groß und wohlproportioniert. Sie sehen genauso aus wie die ursprünglichen Bewohner ihres Gastlandes. Ein Gnom in Peking sieht also aus wie ein Chinese, ein haariger Gnom aus Peru erinnert an einen peruanischen Ureinwohner und so weiter. Abgesehen von der geringen Größe besteht ein weiterer Unterschied zwischen den Gnomen und den Menschen in ihrer ständigen guten Laune. Im Gegensatz zu den Menschen machen sie sich nie Sorgen, besuchen regelmäßig therapeutische Veranstaltungen und leben deshalb mehrere hundert Jahre.

Gnome sind hilfreich und gutmütig. Das Gignoskein läßt sie in das Innere der Geister aller belebten und unbelebten Geschöpfe und Dinge blicken. So ist es für sie ein leichtes, Bäume, Werkzeuge, Tiere, Pflanzen und jedes andere Wesen des Kosmos zu beeinflussen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Ihre ursprüngliche Aufgabe war es, die Mineralienschätze der Erde zu überwachen. Die Familiengruppen kümmerten sich um Kupfer- und Goldadern, Diamantenfundstellen, Kohlenflöze und andere Bodenschätze. Die Gnomenkolonien lagen im Boden, dicht bei dem jeweiligen Gebiet, über das sie die Verantwortung trugen. Um ihre Arbeit zu erleichtern, entwickelten sie die Fähigkeit, durch den Erdboden zu laufen beziehungsweise zu »schwimmen«.

Ihr hilfreiches Wesen veranlaßte sie dazu, dem Menschen bei der Entdeckung der Naturschätze beizustehen, indem sie etwa die Schritte von Schürfern in die richtige Richtung lenkten oder die Wissenschaft von der Geologie beeinflußten. Sie taten dies, obwohl ihr Gignsoskein sie darauf hinwies, daß die Menschen die Bodenschätze nicht nur zum Guten, sondern auch zum Bösen verwenden würden. Doch selbst ihre Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen, ließ sie nicht das unendliche Ausmaß menschlicher Habgier und deren Folgen erkennen.

Die Menschen bohrten immer tiefer in die Erde, und viele, viele Gnome fühlten sich dadurch verdrängt. Ungeschickte Bergleute gerieten mitten in ihre Kolonien hinein, und die donnernden Explosionsgeräusche machten das Leben unerträglich. Einige Gnome begannen sich dagegen zu wehren und führten eine Art Guerilla-Krieg gegen die Bergleute. Sie zogen ihnen die Streben weg, lenkten unterirdische Flußläufe in die Stollen hinein, und was ihnen sonst noch so alles einfiel. Doch die meisten beschlossen, an die Erdoberfläche auszuwandern und dort im hellen Tageslicht ein neues Leben anzufangen. Sie tauchten in den Wäldern Britanniens und Europas etwa um die Zeit von König Arthur auf. Das Dämmerlicht der riesigen Wälder paßte den Gnomen gut, und so errichteten sie zwischen den Wurzeln der großen Bäume ihre ersten Kolonien.

Mit der Zeit kam wieder ihr gutmütiges Wesen hervor, und wieder wollten sie den Menschen helfen. Und dann fand das kleine Milchmädchen dem die Arbeit viel zu schwer war, schon alle Milchkübel gefüllt, kaum daß sie am frühen Morgen aufgestanden war. Die Schäfer erwachten aus ihrem Schlaf und entdeckten, daß sich ihre Herden bereits um sie herum versammelt hatten, und viele arme Schneider oder Schuhmacher machten plötzlich gute Geschäfte, als Gnomenfamilien anfingen, nachts in ihren Werkstätten zu arbeiten.

Die Menschen konnten häufig einen flüchtigen Blick auf die Gnome werfen, aber es gelang ihnen nie, einen zu erwischen. Das Gignoskein hielt die Gnome immer um einen Schritt vor den Menschen, und selbst die raffiniertesten Gnomenfallen fingen niemals ein Opfer. Schließlich akzeptierten die Menschen einfach ihre Gegenwart und wußten, daß die Gnome ihnen nichts tun würden.

Das Leben der Gnome änderte sich allerdings noch einmal, als nämlich die Menschen anfingen, die Wälder abzuholzen, so wie sie vorher die Erde ausplünderten. Die Gnome mußten sich immer mehr von den Wohnstätten der Menschen zurückziehen, und heute sieht man sie nur noch in den noch verbliebenen Wäldern Britanniens und des europäischen Festlands.

Gnome.jpg